Beschwerdeverfahren nach LkSG – Interview mit Dr. Thomas Altenbach

Dr. Thomas Altenbach ist Gründer und CEO der LegalTegrity GmbH – der digitalen Hinweisgeberlösung für kleine und mittelständische Unternehmen der EU. Als Anwalt in internationalen Konzernen und Berater mittelständischer Unternehmen wurde Thomas Altenbach zu einem gefragten Compliance-Spezialisten. In zahlreichen Unternehmen konnte er miterleben, welche Vorteile die Einführung einer digitalen Hinweisgeberplattform für die Erhöhung der Transparenz und Senkung von Verstößen brachte. Bei LegalTegrity vereint ihn und sein Team das gemeinsame Ziel, Kunden mit einem einfachen, zuverlässigen und 100% sicheren System auszustatten, mit dem sie die EU-Auflagen erfüllen, Strafen vermeiden und die Compliance in ihren Unternehmen erhöhen.

Im Interview erklärt Dr. Thomas Altenbach, was Sie jetzt über das LkSG-konforme Beschwerdeverfahren wissen müssen und wie Sie die Anforderungen Software-gestützt umsetzen können.

5 Fragen an Dr. Thomas Altenbach, Founder und CEO von LegalTegrity

1. Was versteht das BAFA unter Beschwerdeverfahren als Teil der Sorgfaltspflichten?

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) regelt in seinen §§ 8 und 9 die Pflicht von Unternehmen, Maßnahmen zu ergreifen, die Menschenrechtsverletzungen oder den Eintritt von Umweltgefährdungen vermeiden. Eine dieser Maßnahmen ist das Beschwerdeverfahren entlang der gesamten Lieferkette. Dies gilt seit dem 1.1.2023 für alle Unternehmen ab 3.000 Mitarbeitenden in Deutschland.

Personen entlang der Lieferkette sollen durch das Beschwerdeverfahren des Unternehmens in der Lage sein, zu melden, wenn ein Schaden für Mensch oder Umwelt entstanden ist oder zu entstehen droht. Damit hat das Unternehmen die Verpflichtung, die Verstöße zu beenden oder zu minimieren.

2. Welche Anforderungen stellt das BAFA an ein Beschwerdeverfahren?

Das BAFA hat die Anforderungen in einer Handreichung sehr detailliert geregelt.

Der Adressatenkreis des Beschwerdeverfahrens sind alle internen (im Unternehmen) und externen (in dessen Lieferkette) Personen, die eine Beschwerde einreichen könnten. Das schließt auch Menschen ein, die nicht direkt betroffen sind, aber beispielsweise von den Verstößen erfahren.

Der Zugang zum Beschwerdeverfahren soll so einfach wie möglich für die möglichen Meldenden sein. Potenzielle Zugangsbarrieren sind im Vorhinein zu identifizieren und beim Design des Verfahrens zu berücksichtigen. Beispiel „Sprachbarriere“: eine Maßnahme zur Reduktion von Barrieren ist das Anbieten des Verfahrens in der jeweiligen Landessprache. Eine wichtige vertrauenssteigernde Maßnahme ist die Möglichkeit, Beschwerden anonym abzugeben.

Unternehmen sollen gemäß ihren Risiken im Zusammenhang mit Menschenrechten und Umweltgefahren einen angemessenen Aufwand beim Einrichten des Beschwerdeverfahrens betreiben.

Weiterhin benötigt das Unternehmen eine Verfahrensordnung für das Beschwerdemanagement (gem. § 8 Abs. 2 LkSG), die ebenfalls zielgruppengerecht gestaltet werden soll. Inhaltlich sollen sich dort Informationen zur Zugänglichkeit, zu den Arten der Beschwerden, dem Verfahrensprozess, der potenziellen Streitbeilegung, aber auch zu den verantwortlichen Ansprechpartner*innen sowie den Schutzmaßnahmen vor Repressalien finden.

Die im Unternehmen verantwortlichen Personen für das Beschwerdeverfahren müssen unabhängig sein und unparteiisch agieren können. Weiterhin sollten sie angemessen geschult sein.

Der BAFA-Leitfaden stellt spezifische Anforderungen an den Ablauf des Beschwerdeverfahrens.

  1. Information an die Beschwerdeführenden über Eingang, nächste Schritte und Schutzrechte
  2. Prüfung der Beschwerde (fällt sie in den Anwendungsbereich des Verfahrens?)
    a. Wenn ja: Austausch / Rückfragen zum Sachverhalt, Abhilfevorschlag und Wiedergutmachung, Umsetzung der Maßnahmen
    b. Wenn nein: Mitteilung über Gründe der Ablehnung
  3. Jährliche Prüfung und Anpassung der Wirksamkeit des Beschwerdeverfahrens

3. Zusätzlich zum LkSG ist auch die Whistleblower-Richtlinie in Kraft getreten. Wie unterscheiden sich beide? Wo gibt es Synergien?

Bei der Whistleblower-Richtlinie handelt es sich um eine EU-Richtlinie zum besseren Schutz von hinweisgebenden Personen. Damit möchte die EU Personen, die ihr Unternehmen über interne Gesetzesverstöße informieren, vor persönlichen Nachteilen (sog. Repressalien) schützen. Der Unterschied zum Lieferkettengesetz: die Richtlinie muss noch in deutsches Recht „übersetzt“ werden. Das Hinweisgeberschutzgesetz (kurz: „HinSchG“) wird noch in der ersten Jahreshälfte 2023 in Kraft treten.

Das LkSG und das HinSchG unterscheiden sich im Anwendungsbereich: das LkSG fokussiert sich auf Meldungen im Bereich der Menschenrechte und Umweltgefährdungen; das HinSchG umfasst Meldungen über Verstöße, die straf- oder bußgeldbewehrt sind, sowie Verstöße im Bereich Umweltschutz, Geldwäsche oder Produktsicherheit. U.a. unterscheidet sich das Gesetz auch darin vom LkSG, dass anonyme Meldungen ermöglicht werden müssen (wenn auch mit einer Umsetzungsfrist bis 2025).

Das HinSchG verpflichtet 3 Monate nach Verabschiedung alle Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden zur Einführung eines HinSchG-konformen Meldekanals. Kleine Unternehmen mit 50 bis 249 Mitarbeitenden haben bis zum Dezember 2023 Zeit für die Umsetzung. Das LkSG verpflichtet ab nächstem Jahr (Januar 2024) auch alle Unternehmen mit mehr 1.000 Mitarbeitenden. Besonders spannend ist hierbei die mittelbare Wirkung auch auf Unternehmen unterhalb dieser Grenze. Als Zulieferer bekommen sie diese Verpflichtungen häufig einfach „weitergereicht“.

4. Wie stellen Sie sicher, dass das Beschwerdemanagement effektiv von den Betroffenen genutzt werden kann?

Ein interner Meldekanal ist nur dann erfolgreich, wenn er auch genutzt wird. Das ist entlang der gesamten Lieferkette aufgrund der unterschiedlichsten Zielgruppen eine besondere Herausforderung. Zielgruppenübergreifend ist die bereits oben erwähnte Anonymität äußerst relevant – sie schafft Vertrauen und wird vom BAFA explizit empfohlen. Die personenbezogenen Daten müssen geschützt und die beschwerdeführende Person vertraulich behandelt werden. Ihr dürfen wegen der Beschwerde keinerlei Benachteiligung oder Bestrafung widerfahren.

Außerdem sollte jedes Unternehmen die verschiedenen Zielgruppen bei der Konzeption des Beschwerdeverfahrens entsprechend analysieren und deren Bedürfnisse in die Gestaltung einbeziehen. Es ist empfehlenswert, unterschiedliche Kanäle zum Einreichen von Beschwerden zur Verfügung zu stellen: online, telefonisch oder über lokale Kontakte.

5. Wie funktioniert das digitale Hinweisgebersystem von LegalTegrity konkret? Wie greift es mit der sustainabill Cloud Plattform zusammen? 

Das digitale Hinweisgeber- und Beschwerdesystem von LegalTegrity ist eine sogenannte Plug-und-Play-Software, da sie keinerlei IT-Implementierung bedarf. Das ist auch für das Zurverfügungstellen ausschlaggebend: das Online-Tool funktioniert browserbasiert und kann von überall zu jeder Zeit per Link oder QR-Code-Scan zur Abgabe von Beschwerden genutzt werden. Nach Abgabe einer Meldung kann auch die Rücksprache zum Sachverhalt über die Software erfolgen, da es sich hier um einen von zwei Seiten zugänglichen Briefkasten handelt. Beide Seiten können miteinander in Echtzeit über Chat kommunizieren. Die Anonymität der meldenden Person bleibt dabei die ganze Zeit gewahrt.

Für die Risikoanalyse nach LkSG sind die Informationen aus dem Beschwerdeverfahren von wesentlicher Bedeutung. Diese Informationen, die über LegalTegrity in das Unternehmen gelangen, können dann als negative Informationen über einen Lieferanten in der Lieferkette in sustainabill verarbeitet werden. Beim nächsten Risk Assessment sind damit für das einzelne Unternehmen die Ergebnisse deutlich spezifischer und verbessert.

Sie haben weitere Fragen oder möchten mehr über die Zusammenarbeit von LegalTegrity und sustainabill erfahren? Sprechen Sie uns an.

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